Acts 23

Text: Apostelgeschichte 23,1-11 Vor dem Rat zu Jerusalem, der über Pauli Sache selbst sich uneins wird, kommt wenig Licht heraus; desto tröstlicher aber muß Paulus der Wink gewesen sein, den er durch eine Erscheinung des HErrn JEsu von seiner weiteren Bestimmung bekommt. Dergleichen Blicke auf Stätten des Gerichts, wo Gottlose und gottloses Wesen war, hat schon Salomo getan, und auch uns fruchtbarlich tun heißen (Pred. 3:16) . Im Leben unseres Lieben Heilandes kommt selbst auch vor, was er zuweilen mit solchem bedächtlichem Ansehen bewirken wollte (Luk. 20:17 ; Mark. 3:5, 11:11) . In Pauli Herzen hat bei diesem Blick viel rege werden müssen, teils von dem Verfall seiner Brüder nach dem Fleisch, teils aber auch von seiner Erwählung und Beruf, nach welchem er von diesen Banden der Finsternis errettet worden ist, und nun nimmer bei einem solchen Rat Briefe und Kommissionen zu holen hatte. - Das freimütige Zeugnis von seinem unschuldigen Wandel hat man las eine Verantwortung gegen ihre Beschuldigung anzusehen. Von seinem nächsten Lauf in der Gnade Christi war es völlig wahr, und das Übrige konnte er mit anschließen gegen Solche, vor welchen er im Gesetz untadelig gewesen ist. - Über seine heftige Antwort gegen den Hohepriester, und noch mehr über sein schnelles Beugen unter der Umstehenden Einreden, macht man sich allerlei Gedanken, und meint, wenn Paulus den Beistand genossen, der den zeugen JEsu sonderlich auf ihr Stehen vor Gericht verheißen war, und wenn er also dies Machtwort im Geist ausgesprochen, und damit etwas auf das Gewissen dieses ungerechten Richters gelegt hätte, so wäre es ja anständiger gewesen, ein solches durchzubehaupten, und es nicht in den Verdacht einer vom Gesetz verbotenen unlittigen Rede zu setzen. Allein wir können jetzt nimmer so genau wissen oder bestimmen, was Paulus zu dieser Handlungsart für Grund gehabt habe. Überhaupt hat er sich 2.Kor. 5, 13 über das, was man an seiner Handlungsart ungleich fand, so erklärt: Tun wir zuviel, so tun wir es GOtt; sind wir mäßig, so sind wir euch mäßig. Wenn er also sich oft über alles Kennen nach dem Fleisch, über alle die sonst gewöhnliche oder auch schuldige Rücksicht wegsetzte, so tat er es GOtt, um seinem Evangelium kein Hindernis durch ein solches Ansehen der Person zu machen. Handelte er aber wieder mäßig, und gab sich in die gewöhnlichen Schranken der Ehrerbietung, so war es ihm damit um die Herzen derer zu tun, die er zu gewinnen, und ihnen ein besseres Vertrauen beizubringen hoffte. Es ist ein Mißverstand, der aus einem gesetzlichen Sinn herrührt, wenn man meint, nur Eines von beiden müsse man unverändert durchsetzen. Das Evangelium, und der Geist Christi, den man durch dasselbe bekommt, bringt einen getrosten Sinn, der mit göttlicher Weisheit und wohlbefugter Freiheit abwechselnd handeln kann. Verkehrte Nachahmung Anderer tut hierin Schaden. Jeder muß nach dem . ihm sonst beiwohnenden Maß der Gnade und des Lichts handeln. Auch in die Art, wie Paulus da von den geteilten Gesinnungen des Rats für sich Nutzen ziehen wollte, können sich nicht Alle finden. Die Pharisäer haben freilich von der evangelischen Geschichte her einen üblen Namen, und darum ist es uns fremd, daß sich Paulus jetzt doch an dieselben anschließen wollte. Allein teils hat sich seit dem Ausschlag durch JEsu Auferstehung und Eingang in die Herrlichkeit Vieles geändert, und von dort an kam der heftigste Widerstand gegen das Evangelium mehr von den Sadduzäern her, die Pharisäer aber waren der Glaubensspur näher. Teils schloß sich Paulus nur so weit an sie an, nicht daß er sich mit ihnen des Fleisches rühmen wollte, sondern nur daß er sie einlud, billiger vom Evangelium zu denken, weil sie wirklich dessen Wahrheit höchst nötig hatten, wenn sie gegen die Sadduzäer noch etwas von der Hoffnung Israels aufrecht erhalten wollten. Überhaupt muß sich vom Gamaliels Geist und erstem Rat etwas unter dem Teil der Pharisäer erhalten haben, nämlich nicht mit offenbarer Gewalt wider GOtt zu streiten; und davon konnte man ohne verderbliche fleischliche Weisheit Gebrauch machen. Freilich gingen die Pharisäer auch nicht so weit, als sie Paulus aufforderte. Sie krochen auch wieder in die Unentschlossenheit über der Hauptsache zurück. So kann man wohl toleranter und duldsamer gegen Andere werden, aber im eigenen Herzensglauben doch dahinten bleiben. - Was der heidnische Obrist an dieser Spaltung für Ärgernis genommen, kann man sich leicht vorstellen. - Auf einen solchen Kampf aber tat ein göttlicher Zuspruch doppelt wohl. Doch ward neben dem eingeflößten Trost auch neue Arbeit aufgelegt. Stärkung und Übung des Glaubens ist immer beisammen. Bis es zum Zeugen in Rom kam, stand es noch eine ziemliche Zeit an. Paulus aber hatte inzwischen am einem solchen Wort ein beständiges Licht, auf das er achten konnte. Text: Apostelgeschichte 23,12-35 Die Juden spinnen eine grimmige Nachstellung wider Paulus an, durch dessen Schwester = Sohn wird aber die Sache noch entdeckt, und in der Stille werden Anstalten zu Pauli Rettung und sicherer Überkunft nach Cäsarea gemacht. Was haben die feindseligen Leute unter den Juden mit ihrem Verbannen auf sich genommen? Was kann Einem eine einzige Rede auf Zeit und Ewigkeit für Last aufladen? Oft schleißt sich die ganze Kraft der Seel im Bösen oder Guten in ein einiges Wort ein. Anfangs mögen ihrer nur Etliche gewesen sein, aber es fanden sich bald Mehrere zu diesem Bund der Ungerechtigkeit; und die Hohenpriester und Ältesten waren dabei, wie das ausgespannte Netz, weil man wußte, daß man mit solchen Anträgen bei ihnen wohl ankam, so lief man um so schneller darein. Was wird das einmal für Bündlein geben, wenn das Unkraut nach der - mit einander gehabten Sünden = Gemeinschaft zusammengebunden werden wird. Wenn GOtt aber solche bösen Rat aufdecken will, so schafft er auch ein hörendes Ohr und sehendes Auge, wo es die Welt nicht vermutet. Nachdem Paulus durch seiner Schwester Sohn den Anschlag erfahren hatte, so mutete er GOtt keine weiteren Wunder zu seiner Rettung zu, sondern beugt sich mit seinem Glauben an die göttliche Vorsehung unter den Gebrauch der gewöhnlichen Mittel. Was muß sich ein Kind und Knecht GOttes oft für Aufzüge Während seines Pilgerlaufs gefallen lassen. So ist Luther einmal in Augsburg vor Tag zu dem sogenannten Einlaßpförtlein hinausgelassen worden, und hat einen beschwerlichen Ritt nach Nürnberg tun müssen. Nachgehends einmal ist er von fünf maskierten Reitern im Wald angefallen, ihm sein priesterlicher Habit abgenommen, ein Reitersmantel umgehängt, und er so zu Pferd im Wald hin und hergeführt, und zur Nachtzeit auf das Schloß Wartburg gebracht worden. Um solcher, obwohl seltenen Umstände willen, müssen ähnliche Fälle im Gedulds = und Trostwort der Schrift vorkommen. Große Herren reisen oft inkognito; und so bringt GOtt seine liebsten Kinder oft unter einem sehr fremden Aufzug durch die Welt. In Cäsarea bekam Paulus einige Ruhe. Dabei hat es dann doch an Gelegenheiten, dem Evangelium förderlich zu sein nicht gefehlt, wie die folgende Geschichte zeigt.
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